GmbH, UG oder Einzelunternehmen? So triffst du die richtige Wahl
- Marie-Sophie Braunger
- 17. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Die Rechtsform-Frage. Fast jeder Gründer steht irgendwann davor und fragt sich: Was passt zu mir? Lies diesen Guide und finde heraus, welche Rechtsform wirklich zu deiner Gründung passt.

Die kurze Antwort: Eine GmbH bietet Haftungsschutz und kostet mindestens 25.000 Euro Stammkapital (wovon 12.500 Euro eingezahlt werden müssen). Eine UG kannst du theoretisch mit einem Euro gründen, musst aber 25% deines Gewinns zurücklegen. Als Einzelunternehmen haftest du mit deinem Privatvermögen, startest aber ohne Kapital und Formalismus.
Die Basics: Was gibt es überhaupt?
Einzelunternehmen ist der einfachste Weg. Du bist dein Unternehmen. Keine Gründungskosten, kein Notar, keine Anmeldung außer beim Finanzamt und ggf. Gewerbeamt (bei Gewerbetreibenden). Fertig.
GbR brauchst du, wenn ihr mindestens zu zweit seid. Ein Mustervertrag von der IHK reicht, theoretisch geht's sogar per Handschlag. Unkompliziert, aber: Alle haften mit ihrem kompletten Privatvermögen.
UG und GmbH sind Kapitalgesellschaften. Du erschaffst eine juristische Person - die kann selbst Verträge schließen, Eigentum haben und verklagt werden. Der Unterschied? Das Startkapital und ein paar Details.
Die drei Fragen, die wirklich zählen
1. Wie wichtig ist dir Haftungsschutz?
Bei Einzelunternehmen und GbR haftest du unbegrenzt mit allem, was du hast. Klingt erstmal scary. Aber in der Praxis? Die meisten Risiken lassen sich versichern. Berufshaftpflicht, Produkthaftpflicht, Vermögensschadenhaftpflicht - für fast alles gibt's passende Versicherungen.
Nur bei Hochrisikobranchen (Nukleartransporte, Personenbeförderung) wird's kritisch. Aber mal ehrlich: Wenn du einen Online-Service, eine Beratung oder ein Software-Produkt anbietest, kriegst du das versichert.
Bei der GmbH haftest du "nur" mit dem eingezahlten Kapital. Aber Achtung: Als Geschäftsführer haftest du trotzdem persönlich, wenn du Steuern nicht abführst, bei Insolvenz nicht rechtzeitig reagierst oder Sozialversicherungsbeiträge für Mitarbeiter nicht zahlst.
Steuerberater Christians Take: "Das Thema Haftung wird oft überbewertet. Überlege dir lieber, wie du dein Business zum Laufen bringst."
2. Wie viel Bürokratie verträgst du?
Einzelunternehmen = minimal. Eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung reicht meist. Viele machen das ohne Steuerberater (auch wenn's mit empfehlenswerter ist).
GmbH = Maximum Formalismus. Doppelte Buchführung, Jahresabschluss, alle Änderungen zum Notar, Eintragung ins Handelsregister. Realistisch brauchst du einen Steuerberater (Kosten: ab 1.500-2.500 Euro/Jahr für kleine GmbHs). Du bist nicht verpflichtet, aber es wird kompliziert ohne.
Die GbR ist das Gegenteil: Änderungen per E-Mail, kein Handelsregister, kein Notar.
3. Wie ernst meinst du es?
Die unterschätzte Frage. Ist das ein Nebenprojekt zum Testen? Oder weißt du schon, dass du das die nächsten 5 Jahre machen willst?
Für Experimente: Einzelunternehmen oder GbR. Niedrige Einstiegshürde, du kannst schnell starten und genauso schnell wieder aufhören.
Für ernsthaftes Business mit Skalierungsplänen: GmbH macht von Anfang an mehr Sinn. Mehr Gestaltungsspielraum, bessere Optionen für Mitarbeiterbeteiligungen, professionellere Außenwirkung.
UG: Die "Budget-GmbH"?
Die UG wurde 2008 eingeführt, damit Gründen auch ohne viel Kapital geht. Theoretisch reicht ein Euro. In der Praxis ist die UG fast identisch mit der GmbH - juristische Person, Haftungsbeschränkung, gleicher Formalismus.
Der Haken: Du musst 25% deines Gewinns zurücklegen, bis du 25.000 Euro erreichst. Das Geld kannst du nicht entnehmen. Die UG soll zur GmbH "heranwachsen".
Die Realität:
Manche Geschäftspartner nehmen UGs nicht ernst ("Billig-GmbH")
Du hast den vollen GmbH-Formalismus PLUS Gewinnverwendungsbeschränkung
Die spätere Umwandlung zur GmbH kostet wieder Geld (Notar, eventuell Wirtschaftsprüfer)
Steuerberater Christians Empfehlung: "Wenn du weißt, dass du das langfristig machen willst, starte direkt mit der GmbH. Die UG macht hauptsächlich als Holding-Konstruktion Sinn."
Der teuerste Fehler: Falsch starten und später wechseln
Das sehe ich leider oft: Jemand startet als Freelancer, baut drei Jahre lang ein erfolgreiches Business auf und will dann "professioneller" werden mit einer GmbH.
Das Problem? Das Finanzamt sieht das als Verkauf deines Geschäfts an deine eigene GmbH. Deine Kundenbeziehungen, dein Ruf, deine Verträge - alles hat einen Wert. Bei einem gut laufenden Business können das schnell fünf- oder sechsstellige Beträge sein, die du PRIVAT versteuern musst.
Ein Beispiel: Angenommener Geschäftswert von 80.000 Euro = über 30.000 Euro Steuern, die sofort fällig werden.
Es ist lösbar mit guter Beratung, aber es kostet. Deshalb: Investiere am Anfang die Zeit für die richtige Wahl.
Und die Steuern?
Klar, es gibt Unterschiede. Privatperson zahlt bis zu 45% Einkommensteuer, GmbH etwa 30% Körperschaftsteuer. Klingt gut für die GmbH?
Aber: Wenn du das Geld rausnimmst, zahlst du nochmal Kapitalertragsteuer drauf. Die Frage ist also: Brauchst du das Geld zum Leben oder willst du reinvestieren?
Steuerberater Christians wichtigster Rat: "Für die meisten Gründer am Anfang ist die Steueroptimierung nicht das Hauptkriterium. Wir optimieren damit die Nachkommastelle. Die eigentliche Frage ist: Wie bringst du dein Business zum Fliegen?"
Erst wenn du mehrere profitable Geschäfte hast oder komplexe Strukturen planst, wird steuerliche Optimierung zum Game-Changer.
Deine Checkliste
Frag dich:
✅ Ist das ernst oder ein Experiment?
✅ Habe ich bereits Kunden oder konkrete Zusagen?
✅ Gründe ich alleine oder mit Co-Foundern?
✅ Kann ich 12.500 Euro aufbringen ohne Probleme?
✅ Plane ich, in 3-5 Jahren zu skalieren oder Investoren aufzunehmen?
✅ Ist professionelle Außenwirkung wichtig für meine Zielgruppe?
4+ Mal "Ja"? Eine GmbH ist vermutlich richtig für dich.
Viele Fragezeichen? Starte als Einzelunternehmen oder GbR - aber rechne damit, dass ein späterer Wechsel kostet.
Bottom Line
Du kannst mit keiner Rechtsform grundsätzlich viel falsch machen. Die Frage ist nicht "Was ist die beste?", sondern "Was passt zu meiner Situation?"
Ein späterer Wechsel ist möglich, aber nie kostenlos. Deshalb: Nimm dir am Anfang die Zeit. Eine Stunde Nachdenken oder eine Beratung beim Steuerberater (200-400 Euro) können dir fünfstellige Fehler ersparen.
Die drei Kernfragen bleiben:
Haftung - wie ruhig willst du schlafen?
Bürokratie - wie viel Formalismus verträgst du?
Ernst - wie lange willst du das machen?
Beantworte sie ehrlich für dich - und die richtige Rechtsform ergibt sich.



